#35 Hund oder Türkei, eine schwere Entscheidung
15.01.2016 – Seit den heißen Quellen fahren wir recht schnell Richtung Osten, hier im Norden von Griechenland wird es langsam kalt und wir können es kaum erwarten die Grenze zur Türkei zu überqueren. Nach über zwei Monaten Griechenland reicht es einem irgendwann. Istanbul wollen wir zwar vorerst nicht besuchen, aber nachdem wir über die Landesgrenze sind, wollen wir gleich runter in den Süden fahren.
Wir fahren kurz nach Thessaloniki von der Hauptstraße auf einen Parkplatz und kochen uns was zum Mittagessen. Wir wollen nach dem kurzen Stopp gleich weiter fahren um heute noch möglichst viel Strecke zu machen. Das Wetter ist nicht sehr schön und ein kalter Wind bläst. Noch wissen wir nicht, dass in 10 Minuten unsere gesamte Reiseplanung auf den Kopf gestellt wird.
Wir sind mit dem Essen fertig, räumen unseren Bus für die Weiterfahrt auf. Nebenbei bemerke ich wie 20 Meter von uns ein Pickup anhält und ein Mann mit zwei kleinen Hunden aussteigt. Wir räumen fertig auf, als plötzlich die zwei kleinen Hunde vor unserem Bus stehen, der Mann ist nicht mehr da.
Die ausgesetzten Hundewelpen
Es dauert nicht lange bis uns klar wird das dieser soeben zwei kleine Hundewelpen ausgesetzt hat. Vielleicht ein Weihnachtsgeschenk für die Enkel das nun nicht mehr gebraucht wird :-(. Wir geben ihnen etwas von den Nudeln zu essen (keine gute Idee!) und spielen etwas mit den Hunden. Die Zwei sind sehr zutraulich und es dauert nicht lange da liegen die Kleinen in unseren Bus und schlafen.
Ab hier war es für uns nichtmehr möglich die kleinen Geschöpfe wieder raus zu werfen und an diesem hässlichen Ort neben der Straße zurückzulassen, sie haben bereits unsere Herzen erobert.
Ich wollte schon seit längerem einen Hund und bin mir sicher, dass dies der Moment ist wo mich mein Hund gefunden hat! Marlene war bis jetzt immer etwas abgeneigt was Hunde angeht, aber so wie sie sich gerade mit den Hunden zusammen kuschelt, bin ich mir sicher, dass wird sich bald ändern.
Hundeexpress
Zwei Stunden später – Es ist bereits Nacht und wir sind froh endlich auf der Autobahn zu sein. Die beiden Hunde konnten auf der kurvenreichen Landstraße die Nudeln die wir ihnen gegeben hatten nicht drinnen behalten und haben unseren Bus vollgekotzt. Mittlerweile haben wir gutes Welpenfutter und können es kaum glauben, dass die Zwei Racker nun hinten in einer Kiste mit Decken liegen und brav schlafen.
Mit jeder Minute entfernen wir uns weiter von der Türkei, wir haben beschlossen in die entgegengesetzte Richtung 260 km nach Ioannina zu fahren. Einen Plan haben wir, allerdings keine Ahnung ob das alles so klappen wird. Wir müssen es einfach versuchen und schauen was dabei rauskommt. Gleich an unserem ersten Tag in Griechenland waren wir in Damati und haben dort Litsa, Akis und Sotiris kennengelernt. Litsa hat viele Hunde und wir hoffen, dass sie einen Tierarzt kennt der uns passende Papiere für den Hund machen kann, um mit diesem weiter in die Türkei auszureisen. Ich bin großer Zuversicht, dass das alles so klappen wir wie wir uns vorstellen.
Wir haben auch mit Söntke und Nica telefoniert, unser Plan ist, dass sie einen von den Hunden aufnehmen. Am Telefon haben sie uns beiden, verständlicher Weise, nicht zugesagt. Wir pokern einfach darauf, dass wenn sie den kleinen Hund sehen, nicht mehr Nein sagen können. Immerhin haben sie sich schon mehrmals überlegt einen Hund aufzunehmen. Wir wollen heute Nacht noch bis nach Ioannina fahren, die Gefahr, dass die Beiden ohne den Hund gesehen zu haben morgen Früh losfahren, ist uns zu groß.
Große Probleme
16.01.2016 – Wir sind in Ioannina, es schüttet den ganzen Tag. Nica und Söntke nehmen ersten Kontakt mit den Welpen auf. Danach entscheiden wir uns gleich hoch nach Damati zu fahren und hoffen, dass Litsa und Akis zuhause sind.
Wir haben Glück, die Beiden sind da und sehr erfreut uns wieder zusehen. Kurze Zeit später sitzen wir alle im Wohnzimmer von unseren Freunden und trinken Tee und erklären unser Hundeproblem. Uns war bereits klar, dass man die Hunde impfen muss und vor der Ausreise 21 Tage warten muss. Wir haben darauf gehofft, dass Litsa einen Tierarzt kennt der die Hunde “vor 3 Wochen geimpft hat“, sodass wir gleich ausreisen können.
Nach einigen Telefonaten stellt dies kein Problem dar und sollte machbar sein. Es stellt sich allerdings heraus, dass wir ein sehr großes Problem mit der Türkei und anderen Nicht-EU Ländern haben. Nica und Söntke wollten über Albanien zurück und haben so dasselbe Problem. Damit für diese Länder alles klappt, müssen die Hunde 30 Tage nach der Impfung einen Bluttest machen (der auch wieder 2 Wochen dauert) bevor man über die Grenze ins Ausland fährt. Bedeutet für uns, dass wir noch über 40 Tage hier in Griechenland abhängen müssen um unsere Reise fortzusetzen, was wirklich keine Option ist.
Die Stimmung ist im Keller, ich suche noch Stunden im Internet ob es nicht doch noch eine Lösung gibt. Gibt es nicht. Wir wollen es lange Zeit nicht wahr haben, aber wir müssen eine sehr schwierige Entscheidung treffen. Entweder wir fahren in die Türkei/Albanien ohne die Hunde oder wir entscheiden uns gegen die Weiterreise in die Türkei und schenken den Hunden ein neues Zuhause.
Für Nica und Söntke scheint mir die Entscheidung etwas leichter, da sie sowieso auf dem Rückweg sind. Wir hingegen stehen vor der Wahl unser großes Reiseziel, die Türkei, auszulassen. Die ganze Sache liegt mir sehr schwer im Magen, mein Kopf fühlt sich an als ob er mit einem Kilo aufgequollenen Haferflocken gefüllt ist. Wir beschließen heute keine Entscheidungen mehr zu treffen und auf etwas andere Gedanken zu kommen. Am nächsten Tag schneit es und wir machen einen tollen Spaziergang im Schnee
Der Winterspaziergang
17.01.2016 – Mittlerweile hat es draußen viel geschneit und wir machen einen längeren Spaziergang durch den Schnee. Die zwei Hunde toben im Schnee und haben viel Spaß, aber auch uns tut die frische Luft gut.
Wir genießen die Ruhe und die tolle Winterlandschaft. Wir beide haben, immer auf der Flucht vor der Kälte, schon ganz vergessen wie schön der Winter auch sein kann.
Die Entscheidung
Nach diesem tollen Spaziergang müssen wir eigentlich gar keine Entscheidung mehr treffen. Uns ist beiden klar, dass wir uns bereits für Arja (die Braune) entschieden haben! Söntke und Nica nehmen Benka in ihren Bus auf. Unseren Plan in die Türkei weiterzureisen lassen wir erst Mal sausen, unsere Reise soll aber noch nicht zu Ende sein. Wir werden zunächst mit der Fähre nach Bari/ Italien übersetzen.
Wir sind zwar etwas traurig nicht in die Türkei zu kommen, aber wir sind uns 100% sicher die richtige Entscheidung getroffen zu haben! Immerhin handeln wir nach unserem Motto, die Dinge so zu nehmen wie sie sind und keinem allzu striktem Plan zu folgen.
Besuch beim Tierarzt
Heute sind wir alle mit unseren Hunden beim Tierarzt und hoffen, dass alles so klappt wie wir uns es vorstellen und wir die nächsten Tage nach Italien übersetzen können. Zu unserer Erleichterung sichert uns der Arzt zu alles so zu drehen, dass wir keine Probleme haben werden.
Ich bin mit Arja im Behandlungsraum und stehe ihr bei. Man muss dazu sagen, ich habe einen unglaublichen Ekel vor Spritzen und Blutabnehmen.
Zuerst bekommt Arja eine Impfung mit einer kleinen Spritze, für sie kein Problem, für mich etwas unangenehm. Jetzt kommt der Chip, da der in etwa so groß ist wie ein Reiskorn und unter die Haut gesprizt wird muss eine dementsprechend große Nadel her. Nadel rein, Hund jault kurz, aber dann ist es vorbei. Mir wird es leicht schlecht, als dann auch noch etwas Blut über meine Hand tropft merke ich wie mein Kreislauf total absackt und mir kotz übel wird. Ich muss hier raus, bevor ich umkippe, mir wird schwarz vor Augen. Ich stammel nur irgendwas von „I have to get my girlfriend“ zum Arzt und torkele aus dem Behandlungsraum. Ich schaffe es gerade noch zu Marlene, bitte sie weiter dabei zu sein und gehe schnell raus an die frische Luft.
Nach 10 Minuten geht es mir wieder besser, meine Güte, ich glaub der Tierarztbesuch war für mich schlimmer als für Arja…
Wir halten Arja und ihren Pass im Arm und sind überglücklich nun die offiziellen „Eltern“ zu sein.
Unterwegs als Rudel
Die nächsten Tage sind für uns alle sehr aufregend, die Erziehung von Arja verlangt uns alles ab, aber es macht uns beiden unglaublich viel Spaß und Freude sie bei der Entwicklung zu beobachten. Wir werden euch nicht verschonen, an dieser Stelle gibt es einige Hundefotos.
Unsere erste Nacht im Bus seit Damati (wo wir zwei Tage bei Litsa und Akis schlafen konnten). Es hatte -10 Grad. Die Nacht war nicht sehr erholsam. Zwei mal machte sich Arja bemerkbar und dann heißt es schnell handeln, sonst gibt es ein Malheur im Bus. Ich springe also im Halbschlaf in Boxershorts und Barfuß raus vor den Bus und geh kurz Gassi.
Sozialisieren mit anderen Hunden ist wichtig, hier in Griechenland kein Problem, da es viele Straßenhunde gibt die den Umgang mit anderen Hunden gewöhnt sind. Am liebsten spielen die beiden Geschwister allerdings zusammen.
Arja und ihr Tannenzapfen, den gibt sie nur ungern an andere ab.
Hundeerziehung ist wirklich nicht zu unterschätzen, wir verbringen viel Zeit Arja die Basics beizubringen. Es macht uns allen sehr viel Spaß zu beobachten welche Fortschritte sie macht.
Zuerst essen wir, dann ist sie an der Reihe. Erstaunlich wie schnell sie das kapiert hat, ich musste sie nur einmal anknurren, als sie an “unser” Futter wollte, bevor wir fertig waren. Seit dem wartet sie immer brav bis wir fertig sind, selbst wenn ihr Futter am Boden steht.
Bei Marlene hat sich mittlerweile ihre Meinung zu Hunden um 180° gedreht. Vor Arja mochte sie Hunde nicht wirklich. Mittlerweile hat sie sich total verliebt in unseren kleinen Schnuffel. Am meisten war ich überrascht, als sie Arja gerochen hat und zu mir sagt “Ach, ich liebe diesen Hundegeruch” 🙂
Bester Hund der Welt 🙂
Die Fahrt nach Italien
Nachdem wir zwei Tage gewartet haben, da die Fähren in Griechenland gestreikt haben, checken wir endlich um 0:30 Uhr auf der Fähre nach Bari ein.
Die Überfahrt dauert über 9 Stunden, wir dürfen mit unseren Hunden nicht in den Innenbereich. Ich mach es mir mit Arja in einer Ecke “bequem” und friere mich durch die Nacht. Was tut man nicht alles für dieses kleine Wesen :-). Söntke und Nica ergeht es auch nicht besser als mir, wir haben in dieser Nacht wohl kaum ein Auge zugetan…
Endlich geht die Sonne auf! Es dauert nur noch zwei Stunden bis wir da sind. Ich wecke Marlene die im Innenbereich geschlafen hat und bitte sie mich abzulösen. Ich muss mich dringend im Innenbereich aufwärmen.
24.01.2016 – Ab jetzt sind wir in Italien unterwegs! Wir sind total happy mit unserem kleinen Hundewelpen! Wie es weitergeht wissen wir noch nicht und müssen uns noch was überlegen. Ich hab gehört in Marokko soll es im Winter recht warm sein :-).
hallo,
ich würde sehr gerne wissen wie die hunderasse von dem kleinen schwarzen hund ist
Wir hätten es auch so gemacht! super !!!!
Bus & Hund und die Reise läuft rund 😉
nun travel`d ihr zu 3 🙂
Grüße aus der Oberpfalz
Chris
Wow, solche lieben Menschen gibt es selten. Daumen hoch!
Marokko liegt auch ausserhalb der EU-also das Problem mit der Titeruntersuchung nicht vergessen 😀
Ja das stimmt, aber wir haben ja nun erstmal Zeit alles zu organisieren. Mit der Türkei war das Problem ja, dass wir die ganze Zeit dort hätten warten müssen bis alles gepasst hat.
Aber danke für den Hinweis
Hi David,
ja so kanns gehen, ein kleiner Moment und plötzlich ist alles anders 🙂
Ich wünsche Euch viel Freude mit Arja, genießt Eure Freiheit zu tun und lassen was Ihr wollt.
Alles Liebe aus Bayern
Eka
Guten Morgen,
tja, nun seid Ihr also auch in die Hundefalle getappt 😉
Ich vermute fast, der Grieche hat die beiden Welpen mit volle Absicht bei einem Auto mit D-Kennzeichen ausgesetzt, denn die Griechen glauben, dass wir Deutschen die Hunde mehr lieben als die Menschen, und dass wir nicht widerstehen können, wenn uns so ein Welpe anschaut.
Ich weiss von einem Campingplatz auf der Peloponnes, in dessen Nähe regelmäßig Hunde ausgesetzt werden, weil die überwiegend deutschen Camper diese adoptieren oder zumindest vorübergehend versorgen.
Übrigens: Auf einem Foto erkenne ich den Drepanos – Strand bei Igoumenitsa. Da schlage ich auch manchmal mein Quartier auf. Allerdings wurden sog. Wildcamper dort im letzten Jahr von der Polizei vertrieben, weil es nun nebenan einen offiziellen Campingplatz gibt.
Grüße
Heinz
Herzliche Glückwünsche zu dieser tollen Entscheidung!!! Beide Hunde sind total süß! Viel Spaß euch allen miteinander!!!
Hallo David,
tolle Welpen und eine gute Entscheidung von euch! Freue mich schon drauf zu lesen, wie es mit euch weiter geht und wo es euch hin verschlägt! 😉
Viele Grüße!
Mario