#42 Die ersten Tage in der Wüste Erg Chebbi

Die Nacht ist pechschwarz, ich fahre seit einer halben Stunde hinter dem Pickup von Redouane. Ich habe überhaupt keine Orientierung mehr, Redouane scheint den Weg zu kennen und biegt immer wieder rechts oder links ab, für mich sieht hier alles gleich aus. Vereinzelte Sandverwehungen verraten, dass wir uns nicht mehr weit von der Wüste, Erg Chebbi, entfernt befinden.

Dann ist es soweit, im Scheinwerferlicht taucht ein riesiger Sandhaufen auf, wir parken davor und steigen aus. Ich schnapp mir die Stirnlampe, zieh meine Schuhe aus laufe zügig durch den warmen Sand den Hügel hinauf. Oben an der Kante angekommen leuchte ich mit der Stirnlampe die Umgebung ab. Soweit der Lichtkegel reicht sehe ich nur feinsten Sand, wir sind da! Das Gefühl ist unbeschreibbar, auch wenn wir kaum was sehen, können wir die Wüste fühlen. Wir freuen uns auf morgen im Tageslicht durch die Dünen zu wandern.

Die lange Fahrt nach Merzouga

[10.04.2016] Ich muss Gas geben um an Redouane dranzubleiben. Mit bei uns im Bus ist Thomas und die zwei kleinen Hunde. Wir sind heute leider etwas später losgekommen und versuchen noch vor der Dunkelheit anzukommen. Die Landschaft entlang der Landstraße ist wunderschön, leider machen wir fast keine Stops, was mich am Anfang etwas ärgert, den so schnell waren wir schon lange nicht mehr unterwegs. Marlene redet mir gut zu und meint auf der Rückfahrt können wir uns dann alle Zeit der Welt nehmen. Klingt gut!

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Die erste Nacht in der Wüste

Nachdem wir einige Zeit den Sand auf uns wirken haben lassen, fahren wir zu unserer Unterkunft. Redouane hat was organisiert und wir freuen uns schon eine Nacht im Beduinenzelt zu verbringen.

Endlich kommen wir an, parken den Bus und betreten eine große Wüstenfestung. Es ist schon spät und es scheint fast niemand mehr wach zu sein. Ein etwas kleinerer in blau gekleideter Mann mit Turban begrüßt und. Kurze Zeit später ist noch jemand da, ich bin mir sicher er wurde soeben aufgeweckt, und wir bestellen noch etwas zum Abendessen. Ich bin nach der langen Fahrt sau müde und würde am liebsten ins Bett gehen. Aber so ist das hier halt. Eine halbe Stunde später kommt eine riesige Portion Tajin.

Danach nichts wie ab ins Bett. Wir beziehen unser gemütliches Zelt, werden noch gefragt ob wir morgen zum Sonnenaufgang um 7:00 geweckt werden wollen, was wir dankend ablehnen und fallen in einen tiefen Schlaf.

Marlene:

Ich wach am nächsten Morgen zuerst auf und entdecke Arja und Marlene in einem Bett. Hat sich ja ganz schön breit gemacht die alte Wurst.

Die Luft die ich einatme ist warm und trocken, fast schon zu warm. Ich öffne leicht die Augen um mich zu orientieren – Wüste, Beduinenzelt, genau. Die aufgegangene Sonne tunkt unser Beduinenzelt durch die bunten Teppiche in ein angenehm rot- oranges Licht. Meine Kehle ist trocken und ich fühle mich vom gestrigen Abend noch wie erschlagen, trotzdem freue ich mich schon sehr darauf die Wüste bei Tageslicht zu sehen. Aber das hat noch Zeit, noch schaffe ich es nicht aus dem Bett. Der Wind öffnet und schließt immer wieder unseren Teppich am Eingang „tock tock“, sonst hört man nichts. Ich erhasche dadurch immer wieder einen kurzen Blick nach draußen und genieße das Farbenspiel der Teppiche.

Irgendwann wird es zu heiß im Zelt, David empfiehlt mir eine kalte Dusche, also nichts wie raus. Ich heb den Teppich hoch und kann erstmal eine ganze Weile meine Augen nicht öffnen, weil das Licht so hell ist. Dann sehe ich die Beduinenzelte, und dahinter riesige Sandberge im Kontrast zu azurblauen Himmel. Wahnsinn ich bin beeindruckt und fühle mich wie in eine andere Welt gezaubert, die Welt von 1001 Nacht…

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Nach einer Weile sind auch alle anderen wach. Wir frühstücken und nach einiger Zeit machen wir uns auf den Weg. David und ich bekommen von Redouane noch einen Kufiya (bin mir nicht mehr sicher wie das heißt) gewickelt, sehr angenehm bei dem Wind und der Hitze.

Wir fahren Redouane hinterher oder besser gesagt, wir fahren einer riesigen Staubwolke hinterher. Nach und nach machen wir verschiedene Stopps, in den Dünen, bei einem Aussichtspunkt, in einem Cafe. Ich sehe das erste Mal in meinem Leben Kamele, und finde, dass sie eine sehr sympathische Gelassenheit ausstrahlen.

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Am schönsten fand ich es durch die Dünen zu wandern, den weichen Sand unter den Füßen zu spüren, die spitze Dünenkante zu verstreichen, über die der Wind hinweg bläst. Alles schaut so unberührt aus, wie frisch gefallener Schnee. Auch unsere Spuren werden innerhalb einer Stunde wieder verweht sein. Es ist herrlich zu sehen, wie Arja überglücklich zwischen den Dünen hin und her flitzt, mit einem Riesenlächeln im Gesicht. Sie kann gar nicht genug kriegen, buddelt hier und dort ein Loch und versucht immer wieder die kleinen schwarzen Wüstenkäfer zum Spielen aufzufordern.

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Schließlich wird es irgendwann Zeit aufzubrechen, als wir wieder in unserer Unterkunft sind, ist es schon dunkel. Die Stimmung ist ausgelassen, es wird getrommelt und getanzt, Afrika-feeling kommt auf. Redouane fragt uns, ob wir am nächsten Tag einen Kamelritt durch die Dünen bei Sonnenaufgang machen möchten. Unbedingt, ich freue mich schon riesig darauf!

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Mit der Karawane durch die Wüste

[21.04.2016] Um halb sechs klingelt der Wecker, wir stehen im Halbschlaf auf und ziehen uns warm an, denn draußen ist es noch frisch von der kühlen Nacht. Vor der Unterkunft warten auf uns drei Kamele, Redouane und ein blau gekleideter Beduine. Bob Marley, das letzte Kamel, kniet sich hin, David hat die Ehre zuerst aufzusteigen. Er wird darauf hin gewiesen sich gut fest zu halten, kurz darauf beugt sich der Sattel erstmal stark nach vorne, dann nach oben. Bald darauf sitze auch ich im Sattel, es kann los gehen.

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In einer kurzen Karawane trotten die Kamele langsam im Gleichschritt durch den Sand Richtung Dünen. Sobald wir mit den Kamelen in den Dünen sind hört man ihre Schritte nicht mehr und es ist vollkommen still, nur ab und zu ein Kamelschnauben. . Mit der Zeit bilden sich leichte Schatten an den Dünen, die Sonne ist leicht zu sehen.
Die Karawane hält an, wir steigen ab und klettern auf eine der Dünen. Vor uns erhebt sich eine der Hauptdünen der Wüste und wir beschließen hoch zu wandern, um von dort den Sonnenaufgang anzuschauen. Also los geht`s, der Beduine legt ein schnelles Tempo voran, dadurch rutscht man weniger im Sand ab. Fast im Sprint will er diesen Berg erzwingen. Für mich ist dieser Morgensprint allerdings zu krass, ich habe nichts gefrühstückt und ich spüre wie die Übelkeit in mir hochkriecht. Die Düne wird steiler und steiler, meine Muskeln brennen und drohen gleich zu versagen, zudem ist mir richtig übel. Irgendwann krieche ich auf allen Vieren weiter und schaffe mit aller Mühe die Dünenkante. Bis zum Gipfel sind es noch etliche Schritte, aber ich weiß, wenn ich mich jetzt bewege muss ich mich sofort übergeben. Also überzeuge ich den Beduinen und David ohne mich zum Gipfel zu gehen, ich schaue mir den Sonnenuntergang von hier aus an.
Kluge Entscheidung, den kurz darauf muss ich mich dann auch übergeben (Anmerkung David: Wer genau hinsieht sieht Marlene als kleinen Punkt am Fuße der Düne 😀 ). Aber die Übelkeit ist zum Glück dann weg und ich kann den Sonnenaufgang voll genießen, sehe die vielen und schier endlosen kleinen Dünen unter mir.

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Nach einiger Zeit kommen die Beiden wieder zurück, die Kamele warten schließlich. Der Abstieg macht richtig Spaß, wie auf einer Treppe, kann man die Düne runter laufen und versinkt tief im Sand. Wir reiten zurück zur Unterkunft, neben uns der langgezogene Schatten der Kamelkarawane.

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Zu Besuch in einem kleinen Wüstendorf

[12.04.2016] Am Nachmittag des heutigen Tages machen wir uns auf den Weg, um einer bekannten afrikanischen Musikgruppe zu lauschen. Wir fahren einige Zeit und landen schließlich in einem kleinen unscheinbaren Dorf namens Khamlia.

Hier leben viele Mitglieder der Gnaoua Ethnie.  Die Gnaouas haben ihren Ursprung in Schwarzafrika und wurden im Zuge der Versklavung in den südöstlichen Teil Marokkos verschleppt. Im Laufe der Generationen haben sie einen sehr engen Bezug zu Wüste aufgebaut, ursprünglich noch als Nomaden unterwegs, sind sie mittlerweile in diesem kleinen Wüstendorf sesshaft geworden. In den letzten Jahren wurden besonderen Wert darauf gelegt die traditionelle Musik der Gnaouas zu erhalten und von Generation zu Generation weiter zu geben, mitunter kam es dadurch zur Gründung der Musikgruppe “Pigeons du Sable” (Sandtauben). Tag für Tag wird die traditionelle “Sadaka”gespielt. Die Sadaka beabsichtigt durch Tanz und Musik die Menschen zu heilen und ihnen göttlichen Segen zu schenken. Durch die permanenten Trommelschläge und Gesänge ist es einigen möglich in den Zustand der Trance zu gelangen.

Wir setzen uns zunächst in ein sehr sympathisches Cafe nebenan. Unter einem großen Zelt, auf Kissen und Teppichen sitzend können wir so der Mittagshitze entkommen und auf das Spektakel warten. Irgendwann hören wir Trommelschläge und Gesang. Wir folgen dem Gesang und betreten schließlich einen kleinen Raum, Schwarzafrikaner sitzen am Boden und machen Musik, rundherum sind Touristen denen Tee und Erdnüsse gereicht werden. Wir setzen uns und lauschen der Musik, rhythmische Trommelschläge geben einem das Gefühl sich irgendwo in Zentralafrika zu befinden.

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Abschied

[14.04.2016] Heute ist es an der Zeit sich zu verabschieden, Redouane und die anderen werden wieder zurück nach El Orjane fahren, wir werden uns auf den Weg weiter Richtung Süd-Westen machen. Wir wollen die Ostumfahrung der Erg Chebbi machen und danach weiter auf der Piste Richtung Zagora, entlang der  algerischen Grenze, fahren.

Nach dem Verabschieden fahren wir wieder alleine los, auch wenn die Zeit mit unseren Freunden aus El Orjane sehr schön war, freuen wir uns schon wieder alleine unterwegs zu sein, auf dem Weg ins Ungewisse.

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Mehr dazu im nächsten Teil.

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3 Antworten

  1. Amaryllis Rosenthal sagt:

    Hallo David, das war wirklich eine sehr spannende Erzählung! Mit solchen Erlebnissen kann ich nicht mehr mithalten! Das kenne ich nur aus Büchern z. B. der Alchimist von Paulo Coelho. Dieses Buch passt zu Eurer Reise, es ist auch sehr spannend geschrieben. Jetzt seid Ihr ja wieder da und ich freue mich darüber. Herzlichen Gruß von Lyss

  2. der Muger sagt:

    oh – der Erg Chebbi ist immer wieder schön. 😉

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