#40 Zu Besuch bei Redouane und das Projekt Nibras

[01.04.2016] – Heute schlafen wir etwas länger. Nach dem gestrigen Abendessen, serviert nach marokkanischer Gewohnheit um kurz vor Mitternacht, blieben wir noch einige Zeit bei der Familie, spielen Karten und unterhalten uns sehr gut.

Das Projekt Nibras

Martin hat uns über das Projekt “Nibras” in El Orjane, einem kleinen Oasendorf in der Nähe von der Provinzstadt Outat El Haj, erzählt und uns vorgeschlagen Redouane und seine Familie zu besuchen. Wir haben nicht lange überlegt und zugesagt, wir denken so einen tollen Einblick in die marokkanische Lebensweise zu bekommen und nebenbei noch etwas gutes tun und bei dem Projekt mithelfen.

Da Frank und Martin eine wirklich gelungene Beschreibung des Projektes bereits online gestellt haben, werde ich mir die Mühe sparen und euch dorthin verweisen. Hier eine kurze Beschreibung des Projektes, den kompletten Artikel über das Projekt inklusive toller Bilder und aktuellen Informationen findet ihr auf der Internetseite von Martin (Projekt NIBRAS).


Nibras-v.l.n.r.: Driss, Marlene, David, Zusanne, Redouane, Bachmed, Frank, Thomas, Martin

Warum NIBRAS gegründet wurde:

Die Commune Rurale El Orjane ist ein Oasendorf mit ca. 3.000 Einwohnern und ca. ca. 6 km von der Provinzstadt Outat El Haj entfernt. Diese lebbhafte Stadt liegt direkt am Oued Molouya. Dieser ca. 530 km lange Fluß führt ganzjährig Wasser aus dem mittleren Atlas und ist die Lebensader für die Oasenbewirtschaftung in der Region.

Angebaut werden in der Region überwiegend Oliven. Auch Obst und Gemüse werden hier geerntet. Schaf- und Ziegenherden finden hier ihr Futter. Vereinzelt werden von Familien auch Milchkühe gehalten. Bis vor wenigen Jahren bezogen die Einwohner des Dorfes ihr Trinkwasser aus dem Oued Molouya, was bei den Menschen zu Krankheiten führte. Auch Nutztiere sind teilweise verendet. Der Trinkwassermangel stellt das größte Problem für die Menschen in diesem Gebiet dar.

Redouane, der in Fés und in einigen europäischen Städten Volkswirtschaft studierte, stammt aus einer Nomadenfamilie aus der Region. Vor einigen Jahren kehrte Redouane in sein Dorf zurück. Auf seinem Grundstück suchte er nach einer Wasserader, die von den nahegelegenen Bergen des Mittleren Atlas gespeist wird. Nach langer Suche wurde Redouane fündig.

Mit einfachsten Werkzeugen begann er über Monate einen Brunnenschacht zu graben. In einer Tiefe von ca. 80 m musste er wegen des harten Gesteins aufgeben. Mit schwerem Gerät wurde noch 40 m tiefer gegraben bis das gesunde und natürlich gefilterte Wasser mittels einer starken Pumpe ans Tageslicht gefördert werden konnte. Der Brunnen wurde mit einer teuren Stahlrohreinfassung abgesichert. Der komplette Brunnernbau erfolgte mit eigenen finanziellen Mitteln.

Redouanes Ziel war, seinen Tribe (seinen Familienstamm) mit Trinkwasser zu versorgen.

Die Organisation der Trinkwasserversorgung wurde in 2012 einer Assoziation, also einem Verein übertragen. Leider wurde das Vetrauen missbraucht. Da der Verein, gemäß den vereinbarten Stauten, nicht ordungsgemäß arbeitete, wurden Gespräche mit der Stadtverwaltung geführt. Das daraus resultierende Ergebnis ist die Gründung der Association NIBRAS.

NIBRAS übernahm die komplette Organsiation der Trinkwasserversorgung für ca. 400 Familien des Dorfes.

Quelle: http://www.der-steppenwolf.com/

 

Wir sind über eine Woche in El Orjane, konnten etwas beim Projekt mithelfen, aber hatten vor allem sehr viel Spaß und eine schöne Zeit mit der Familie. Frank und Martin mussten leider schon am ersten Tag nach unserer Ankunft wieder zurück nach Deutschland.

 

Mithilfe beim Projekt NIBRAS

[03.04.2016] Nachdem wir die ersten Tage uns erstmal reichlich entspannt haben, gibt es nun endlich etwas zu tun. Wir fahren mit zu einem Treffen, mit dabei der Bürgermeister und u.a. jemand vom Amt für Umwelt der Stadt Outat El Haj. Leider verstehen wir nicht viel von dem was besprochen wird, bekommen aber eine kurze Zusammenfassung von Redouane. Es geht um die Säuberung d.h. Müllentfernung eines großen Platzes, hier soll einmal ein Park für die Menschen hier in Outat entstehen. Man soll sich zwischen Bäumen entspannen können.

Am nächsten Tag fahren wir dann zusammen mit allen Leuten zum besagten Platz. Zu unserer Überraschung ist hier richtig was los, viele Erwachsene aber auch viele Kinder sind bereits da und sammeln den Müll ein. Wir finden es toll, das hier auch die Kleinen mithelfen und denken es ist eine gute Möglichkeit, gute Grundlagen für einen angemessenen Umgang mit der Umwelt zu schaffen.

Wir finden das Projekt sehr gut, schließlich sind wir auf unserer Reise immer wieder auf stark durch Müll verschmutzte Orte gestoßen. Wir haben oft gesehen wie achtlos größere Mengen Müll einfach liegen gelassen wurden. Es tut einem immer wieder im Herzen weh, wenn man an einem wunderschönen Ort ist, der aber vom Müll völlig verunstaltet wurde. Für uns ist das oft unverständlich, schließlich suchen die Einheimischen auch gerne den Ort auf, aber warum lassen sie dann beim Verlassen des Ortes einfach achtlos ihren Müll liegen? Oft ist man kurz davor sich eine Mülltüte zu schnappen, um den Ort aufzuräumen, doch wie wir in Albanien erlebt haben, stößt das mitunter auf Widerstand. Außerdem würde es in einer Woche wieder genauso ausschauen. Wenn sich nichts im Denken der Menschen ändert, kann man noch so oft, den Müll entfernen, es wird sich nichts ändern.

Aber zurück zur Müllentfernung:

Wir nehmen Spitzhacke, Schaufel und Säcke, und beginnen mit der Arbeit. Die kleinen Plastiktüten haben sich in den Dornenbüschen verfangen und lassen sich kaum entfernen, teilweise ist der Müll bereits so fein und brüchig, dass er sich bereits mit der Erde vermengt hat. Trotzdem fühlt es sich gut an, etwas zur Verbesserung des Müllproblems beizutragen. David und ich sind eine Attraktion bei den Kindern und es steht bald eine ganze Schar rund um uns. Sie schauen was wir machen und helfen eifrig mit, die Vorbildfunktion wird hier sehr deutlich.

Ich habe bald drei sehr süße Mädels an meiner Seite, die mir auf Schritt und Tritt folgen. Leider kann ich mich nur sehr wenig mit ihnen verständigen, aber sie zeigen sich sichtlich bemüht eifrig und so gut wie möglich mit zu helfen.

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Arja hatten wir anfangs im Auto, doch irgendwann wurde es Zeit mit ihr Gassi zu gehen. Also spaziere ich zum Auto, und hole sie raus. Im Windeseile spricht es sich rum, dass ich gerade einen Hund aus dem Auto geholt habe und schon bald steht eine ganze Kinderschar um mich rum. Zum Teil amüsiert, zum Teil ängstlich werden Arja und ich von den Kindern angestarrt. Die Jungs probieren so nah wie möglich ran zu kommen, nur um dann bei der kleinsten Bewegung wieder zurück zu schrecken. Insgesamt ist es ein lautes Geschrei und Gegacker.

Ich fühle mich wie im Zoo, wo gerade irgend ein wildes Tier bestaunt wird. Schon jetzt etwas von der Situation gestresst beschließe ich einfach los zu marschieren. Zu meinem Leidwesen verfolgt mich die gesamte Kinderschar, Arja wird immer unruhiger und für mich wird es immer schwieriger sie ruhig zu halten. Schließlich bitte ich einen Erwachsenen, den Kindern zu sagen, dass sie mir nicht hinterherlaufen sollen, weil es den Hund sehr irritiert.

Eine Zeit lang ging das auch gut, doch so langsam kamen die Kinder wieder angeschlichen und ich hatte wieder eine Kindertraube hinter mir. Als dann schließlich einige Jungs begonnen haben, Hundegebell nachzuahmen, wurde die Situation sehr stressig und ich war stinksauer. Ich war heilfroh als ich den Bus erreichte und die Tür hinter mir schließen konnte.

Der Ärger war dann aber auch bald wieder verflogen, einige Kinder haben mir dann sogar entschuldigend Süßigkeiten angeboten. Ich arbeite weiter am Projekt, als ich dann nochmals nach Arja schaue, waren nur wenige Kinder dabei. Ich konnte ihnen zeigen, dass sie keine Angst vor ihr haben müssen, und sie ohne Bedenken streicheln können. Daraufhin waren sie sichtlich begeistert.

Am frühen Nachmittag sind wir dann fertig, ich verabschiede mich von den drei Mädels, die mir schon etwas ans Herz gewachsen waren. Zusammen mit Redouane, Suzanne, Bachmed und Tomma gehen wir Mittagessen und fahren dann wieder zurück nach El Orjane.

 

Bewässern in der Wüste, gar nicht so leicht

Auch hier auf dem Gelände gibt es viel zu tun. Da es momentan sehr heiß ist, hat die Bewässerung der Olivenbäume und Pflanzen höchste Priorität. Wir graben Bewässerungsgräben und leiten das Wasser von Baum zu Baum. Ganz schön schweißtreibend bei gut 30-35 Grad und Sonne.

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Die ersten Bauarbeiten haben schon begonnen

Die ersten Bauarbeiten haben hier auf dem Land bereits begonnen, die ersten Häuser werden errichtet und eine Mauer für die Nomadenzelte wird gestampft. Es ist interessant hier zu sehen wie aus den einfachsten Mitteln, die vor Ort vorhanden sind, ganze Häuser gebaut werden.

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Zuerst wird eine Grube ausgehoben um so an den Lehm zu kommen, vermischt mit Wasser und Stroh werden so tausende von Lehmziegeln hergestellt, die alle in der Sonne trocknen. Danach werden damit die Wände der Häuser gemauert. Wir sind überrascht in welcher kurzen Zeit hier ein tolles Haus entsteht, allein durch die Rohstoffe die einem hier die Natur zur Verfügung stellt.

Wen die Sache interessiert findet auf der Internetseite vom Martin noch mehr Informationen und Bilder zum Lehmbau.

 

Souk

Montag ist großer Markt (Souk) in Outat, da wollen wir heute hin. Annhan, ihre Freundin Fatema, David und ich fahren gemeinsam in unserem Bus zu der nächst gelegenen, 7 km entfernten, Stadt Outat-el-Hej.

Fatema, Arja und ich fahren hinten mit. Ich versuche eine Unterhaltung mit ihr anzufangen, doch sie spricht nur arabisch, eine Unterhaltung mit ihr ist deshalb etwas schwierig. Wir lächeln uns an und versuchen uns so weit wie möglich nonverbal zu unterhalten. Schließlich machen sich Arjas Blähungen bemerkbar, der ganze Bus stinkt plötzlich unglaublich. Ich zeige auf Arja und halte mir die Nase zu, dabei musste Fatema sofort losprusten – das Eis war gebrochen.

Schließlich sind wir am Markt angelangt, von weitem sehen wir schon die verschiedenen Stände, Menschentrauben, buntes Gewimmel. Anan spurtet voran und stürzt sich in die Menschentraube, wir hinterher. Obst, Gemüse, Gewürze, Fleisch, Fisch, Kleidung, Küchenutensilien, Möbel, Teppiche, hier wird alles angeboten. Auf Tischen, Decken wird das Gemüse ausgebreitet, Reste oder schlechte Ware wird einfach auf den Boden geschmissen.  Annhan hat schließlich ihren begehrten Stand entdeckt, und steht sogleich mitten im Gemüse. Ein bisschen was davon, nein doch nicht, ja so ist es gut, alles kommt auf die Waage und wird schließlich in Plastiktüten verpackt. Schon geht es weiter, wir schlendern an den Ständen vorbei, hier und dort kaufen wir etwas. Dabei kann man hemmungslos im Obst und Gemüse „rumwühlen“ und sich das Beste raus suchen. Fatema hat sich mittlerweile bei mir eingehackt, wir scherzen über dies und das. Wiedermal bin ich erstaunt, wie herzlich und offen hier die Leute sind.

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Wir schlendern weiter bis ans Ende des Marktes zu den Tierständen, Annhan immer zielstrebig voran. Ich hatte eigentlich gehofft, dass uns das erspart bleibt, schaut aber nicht so aus. Wir gehen zu einem Stand mit gackernden Hühnern am Boden. Vorne liegen bereits abgepackte Hühner zum schnellen mitnehmen.

Annhan sucht sich ein Huhn aus, es wird gewogen, dann wird die Halsschlagader durchtrennt, das Tier kommt zum Ausbluten in einen Käfig, danach wird das Huhn gerupft und ausgenommen. Und schließlich kriegt man verpackt das frische Hühnerfleisch, so wie wir es im Supermarkt kaufen. Wirklich kein schönes Bild, aber im Grunde passiert bei uns dasselbe, nur das wir als Verbraucher davon gar nichts mitbekommt. so hat man zumindest einen Bezug zu dem WAS man isst und überlegt es sich vielleicht zwei Mal, ob es den heute schon wieder Fleisch sein muss.

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Voll bepackt mit Tüten verlassen wir dann den Markt, Fatema kauft mir noch eine Tüte Popkorn und wieder mal bin ich gerührt von dieser Freundlichkeit. Alles wird ins Auto gepackt und los geht’s zurück ins Dorf.

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Zurück im Dorf werden wir schließlich von Fatemas Familie für den nächsten Tag zum Essen eingeladen, wir nehmen dankend das Angebot an und freuen uns schon sehr darauf!

 

Den Besuch bei Rahou’s Familie und was wir sonst noch so hier in El Orjane erlebt haben gibts das nächste mal!

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